Achtsamkeit und ein freier Geist
„Asato ma sad gamaya, Tamaso ma jyotir gmaya, Mrityor ma amritam gamaya.“ – „Führe uns von dem Unwirklichen zum Wirklichen, führe uns von der Dunkelheit zum Licht, führe uns von der Sterblichkeit zur Unsterblichkeit.“ (Mantra)
In unserer lebhaften, stressigen und vernetzten Zeit ist der Geist oft übermächtig und wir sind damit überfordert, uns von eingefahrenen Gedankenmustern zu befreien. Daher ist der Begriff Achtsamkeit in aller Munde. Auch im Yoga ist Achtsamkeit sehr wichtig, denn das höchste Ziel von Yoga ist die Befreiung (sanskrit „moksha“) und Erfahrung unseres „Ichs“.
Unsere Erfahrungen hinterlassen Spuren im Geist
Doch gerade unser eigener Geist hindert uns daran, unsere wahre Natur zu erfahren. Er ist geprägt von Erfahrungen aus der Kindheit oder früheren Leben, die ihre Spuren hinterlassen haben. Wenn wir diese Erfahrungen immer wieder machen und auf die gleiche Weise bewerten (gut oder schlecht, angenehm oder unangenehm), werden die Spuren tiefer und wir rutschen immer schneller und leichter wieder in die alten Verhaltens- und Gedankenmuster. Es gibt Spuren, die sind wie Spuren im Wasser und verschwinden sehr schnell wieder, oder aber es sind Spuren im Sand, die eine Weile brauchen, aber früher oder später wieder verwehen. Die beständigsten und auch belastendsten Spuren jedoch sind die Spuren, die wie in Stein gemeißelt sind.
Wege zur Achtsamkeit
Durch Yoga können wir lernen, mit unseren eigenen Spuren besser umzugehen. Eine Methode ist „sakshi bhav“ (sanskrit = Zeuge) oder auch Achtsamkeit. Achtsamkeit kann jederzeit im Alltag in allen möglichen Situationen geübt werden, indem wir lernen, unseren Geist als Beobachter bzw. Zeugen zu nutzen. So entwickeln wir nach und nach die Kraft, Eigenschaften im Geist zu verändern. Folgende Punkte sind hierbei wichtig:
- Aufmerksamkeit: Uns selbst und unsere Gedanken bewusst wahrnehmen und aufmerksam beobachten
- Distanz: Zuschauen und nicht voll in die beobachteten Gedanken und Gefühle reingehen, damit sie sich auflösen können
- Offenheit: Neue Erfahrungen zulassen. Wenn wir uns gegen etwas sperren, dann stärken wir es dadurch nur mehr
- Nicht-bewerten: Gedanken und Erfahrungen nicht beurteilen, nicht interpretieren oder mit anderen Erfahrungen vergleichen.
Buddhismus & Monkey Mind
Unser Geist verhält sich oft wie ein Affe, der unkontrolliert und unvorhersehbar von einem Ast zum nächsten springt. Dieser Zustand, den wahrscheinlich jeder kennt, wird im Buddhismus daher passende rweise auch „Monkey Mind“ genannt. Durch Achtsamkeitsübungen und Meditation können wir lernen, den Affen zu zähmen.
Im Buddhismus wird der Geist manchmal mit einem großen Garten verglichen:
Dein Herz und dein Geist gleichen einem Garten. Du entscheidest wie du ihn anlegst, welche Pflanzen du darin anpflanzt. Negative Gefühle wie Neid, Hass, Rache, Hochmut und Habgier sind wie Unkraut, das andere Pflanzen ersticken kann. Darum lass deinen Garten nie verwildern, pflege ihn jeden Tag und lasse viel Licht hinein, das du durch positive Energie wie Liebe, Nachsicht, Nächstenliebe, Mitgefühl und Großzügigkeit erschaffst. So wird jeder Spaziergang durch deinen Garten jeden Tag freunde machen. (Buddhistische Weisheit)
Verlust und Vergänglichkeit akzeptieren
Buddha sagt auch, „alles ist vergänglich“ und damit meint er, dass Schmerz ein unvermeidbarer Teil unseres Lebens ist. Wir können es nicht verhindern, dass uns schlimme Dinge passieren, jedoch können wir unser Leiden beeinflussen. Denn Leiden geschieht erst durch unseren Widerstand gegen das, was in unserem Leben geschieht. Wenn wir jedoch lernen, diese Dinge anzunehmen und zu akzeptieren, leiden wir weniger und können mit einem befreiten Geist nach vorne schauen. Das bedeutet nicht, dass wir resignieren sollen und einfach alles so hinnehmen müssen wie es kommt. Aber es ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass nichts von Dauer ist und wir daher unser Glück nicht zu sehr auf Vergänglichem aufbauen sollten. Denn wir alle altern, sterben, Dinge verfallen, verschwinden und die Zeit läuft und lässt sich nicht anhalten oder kontrollieren. Das Leben findet jetzt statt und die Gegenwart ist gleich schon wieder Vergangenheit, weswegen wir unsere „Jetzt-Zeit“ nicht damit vergeuden dürfen, über Vergangenes zu grübeln oder gedanklich in der Zukunft zu leben.