Yamas

NamasteDie Yamas im Raja Yoga – was sie uns sagen wollen und wie wir sie für uns interpretieren und im Alltag anwenden können.

Ashtanga Yoga oder auch Raja Yoga basiert auf acht Gliedern auf dem Weg zur Erleuchtung. Das erste Glied oder auch die erste Herausforderung für unser spirituelles Leben sind die sogenannten „Yamas“, was so viel bedeutet wie „Kontrolle“. Wenn Yoga eine Religion wäre, dann wären die Yamas (und auch die Niyamas) wohl die zehn Gebote. Aber da Yoga ja „Gott sei Dank“ nicht von Dogmen getrieben ist, können wir die Yamas eher als eine Art kleine Leitfäden im Umgang mit anderen Menschen betrachten. Es gibt also keine Bestrafung für „Yoga-Sünden“ sondern sollen uns die Regeln auf unserem spirituellen Weg helfen, eine ethisch korrekte innere Haltung zu bewahren bzw. zu erlangen. Da diese Regeln jedoch vor tausenden von Jahren entstanden sind und hauptsächlich von Mönchen angewendet wurden, ist es wohl wichtig, sie den Gegebenheiten unserer Zeit anzupassen und neu zu interpretieren. Die Interpretationsmöglichkeiten der Yamas sind vielfältig und jeder kann im täglichen Leben seine eigenen Yamas entwickeln, um den Umgang mit sich und seiner Umwelt zu verbessern.

1. Ahimsa

Das erste Yama – Ahimsa – ist gleichzeitig das wichtigste. Im Buddhismus wird es als „nicht-töten“ interpretiert und dies scheint auf den ersten Blick selbstverständlich und ganz „einfach“. Keine Menschen töten, keine Tier töten, aber: auch keine Insekten töten. Aus dem Sanskrit übersetzt bedeutet Ahimsa „nicht-schaden“ und dies kann man schon weitläufiger interpretieren. Denn nicht nur körperliche Gewalt kann verletzten sondern auch Sprache, Schrift, Mimik und Gestik. Somit kann man die Regeln auf allen drei Ebenen, Körper, Geist und Seele, anwenden und sowohl Anderen als auch sich selbst gewaltlos, friedlich und respektvoll begegnen.

Generell sollten wir bei allem was wir tun sehr aufmerksam sein, unsere Gedanken und Reaktionen hinterfragen und nachdenken bevor wir Gedanken aussprechen. Ethische Grauzonen sind z. B. Situationen, in denen man Gewalt anwenden muss, um sein Leben zu verteidigen. Obwohl die Yamas sich mehr auf den Umgang mit anderen Menschen beziehen, gilt Ahimsa auch für den Umgang mit uns selbst. Es ist manchmal gar nicht so einfach, auch zu sich selbst „nett“ zu sein und nicht immer in negatives Denken zu verfallen, sich klein zu reden oder sich Vorwürfe zu machen. Auf der körperlichen Ebene bezieht sich die Regel darauf unsere Grenzen zu achten und auf unseren Körper zu hören, wenn z. B. während der Asanas etwas nicht weiter geht oder schmerzt. Auch Drogen- und Alkoholkonsum oder ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel etc. können uns schaden. Ahimsa ist auch der ethische Grund der Yogis für Vegetarismus, da auch wenn wir nicht selbst Hand anlegen, das Töten von Tieren dem Prinzip von „nicht-schaden“ widerspricht. Heutzutage wird dies auch oft auf Veganismus ausgeweitet, da die fatale Massentierhaltung damit nicht zu vereinbaren ist. Ein bekanntes Beispiel für ein Leben nach Ahimsa ist Mahatma Gandhi.

2. Satya

Das zweite Yama ist Satya – die Wahrhaftigkeit. Im Buddhismus wird es als „nicht-lügen“ interpretiert, was jedoch sehr eng gefasst ist, da etwas nicht zu sagen oder zu verschweigen auch eine Form von Lügen sein kann und nicht aufrichtig bzw. wahrhaftig ist. Eigentlich muss jeder für sich selbst entscheiden, wie weit er diese Regel in sein Leben integrieren möchte. Denn Ehrlichkeit ist nicht immer positiv und kann sehr schnell verletzend sein und somit auch dem ersten Prinzip Ahimsa widersprechen. In diesem Fall überwiegt übrigens immer das erste Prinzip und es gilt „Liebe vor Wahrheit“. Ein Einflussfaktor ist auch die Art und Weise, wie man die Wahrheit ausspricht. Dies sollte im Fall von problematischen Sachverhalten immer so liebevoll und schonend wie möglich passieren. Manche Lügen passieren auch aus sehr edlen Motivationen heraus, z. B. um Menschen zu schützen und vor Leid zu bewahren. Generell ist Satya mit Umsicht anzuwenden, denn es hilft niemandem, wenn man nur noch mit unliebsamen Wahrheiten um sich schmeißt und seine Mitmenschen vor den Kopf stößt. Wenn man seinem Leben mehr Wahrhaftigkeit verleihen möchte, fängt man am Besten mit den kleinen, unbewussten Lügen im Alltag an, die oft nicht nötig sind. Satya lässt sich auch wunderbar an uns selbst praktizieren, denn wie oft belügen wir uns, reden Dinge schön und verschließen die Augen vor offensichtlichen Tatsachen.

3. Asteya

Asteya – „nicht-stehlen“ ist das nächste Yama. Anders ausgelegt bedeutet es auch, nicht zu nehmen, was nicht freiwillig gegeben wird. Neben den offensichtlichen Dingen wie Ladendiebstahl, Geld stehlen oder Betrug, bezieht sich Asteya auch auf andere Ebenen wie Gedanken, Ideen oder Zeit. Gerade in Zeiten des Internets werden Urheberschaft, Copyright oder geistiges Eigentum in Bereichen wie Text, Bild oder Musik bewusst oder unbewusst nicht mehr geachtet. Aber auch im Berufsalltag oder sonstigen Situationen im Privatleben sollten die Ideen und Gedanken Anderer nicht als die eigenen ausgegeben werden. Dennoch geht es bei dieser Regel nicht nur darum, sich nicht fremdes physisches und geistiges Eigentum anzueignen, sondern soll sie einem bewusst machen, eigene Wünsche, Begierden und Habgier zu hinterfragen.

4. Brahmacharya

Das vierte Yama lautet Brahmacharya und wortwörtlich übersetzt heißt es soviel wie „im Göttlichen wandeln“. Aus der yogischen Mönchskultur heraus betrachtet bedeutet es jedoch konkret „Enthaltsamkeit„. Da Yoga allerdings bei den Meisten nichts mit dem Zöllibat zu tun hat, bezieht sich der Begriff „modern“ interpretiert eher auf eine regelmäßige spirituelle Praxis, sexuelle Mäßigung (z. B. keine Gewaltanwendung, keine übermäßige Ablenkung durch Sinnesfreuden) oder darauf, Beziehungen zu anderen Menschen nicht zu missbrauchen oder auszunutzen. Auch die Treue in einer Partnerschaft wird hier mit einbezogen oder das (Nicht-) Begehren einer Person, die vergeben ist.

5. Aparigraha

Das letzte Yama ist Aparigrahadie Unbestechlichkeit, oder auch „nicht-ergreifen“. Der Begriff ist ein wenig irreführend, da es bei diesem Yama nicht nur darum geht, sich nicht bestechen zu lassen, sondern vielmehr darum, nicht an Dingen anzuhaften und festzuhalten. Es ist leider ein häufiger menschlicher Trugschluss, dass Dinge uns glücklich machen können. Daher sind wir ständig mit Wünschen beschäftigt, um unser vermeintliches Glück zu finden. Nachdem uns ein Wunsch erfüllt wurde, sind wir jedoch oft nur kurzfristig befriedigt und glücklich, bis der nächste Wunsch auftaucht und wir somit in einer unendlichen Spirale landen. Problematisch wird es auch, wenn unsere Traumvorstellungen nicht verwirklicht werden und unsere nicht erfüllten Wünsche uns binden,  Kraft und Energie rauben und unglücklich machen. In diesem Fall sollten wir die Wünsche hinterfragen und uns selbst fragen, warum wir dieses Begehren haben. Danach kann man versuchen, sich ganz bewusst von dem Wunsch zu lösen und ihn zurückgeben.

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